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Derzeit redet ja jedermann vom neuen Sprinter. Er ist zweifelsohne die wichtigste Neuerscheinung im Transporter-Jahr 2018. Der Bestseller von Mercedes-Benz soll ja alles oder vieles besser können als seine Wettbewerber. Doch wo mehr Nutzlast gefragt ist, wo es um größere und schwerere Aufbauten geht, bleibt der attraktive Newcomer nur zweite Wahl. Der Hersteller belässt es bei 5,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht, da können Marktbegleiter wie der Iveco Daily eindeutig mehr.

Der italienische Hersteller gesteht dem Daily satte sieben Tonnen Gesamtgewicht und eine Anhängelast von 3,5 Tonnen zu. Die addieren sich zu 10,5 Tonnen, wenn wir den Humbaur-Dreiseitenkipper an den Haken nehmen. Denn diesmal gehen wir ans Limit. Der große Daily kommt ja jüngst ganz gut in Fahrt. Und zwar in der mittelschweren Gewichtsklasse bis 7,5 Tonnen. Dort wo die Lkw-Hersteller mautbefreite 7,49-Tonner vom Schlage eines Mercedes Atego oder MAN TGL anbieten. Deren Handicap: Sie bieten legal viel zu wenig Nutzlast, hier fahren abgelastete Lkw-Modelle vor, die mit reduzierten Gesamtgewichten legal kaum mehr als zwei Tonnen Zuladung stemmen.

Bei unserem Iveco sind es immerhin 3,3 Tonnen Nutzlast, der große Kleine bringt ja nur 3.700 Kilogramm auf die Waage. Rund 100 Kilo Nutzlast kostet die geräumige Doppelkabine, auch die Kipphydraulik schlägt mit geschätzten 50 Kilogramm zu Buche. Inklusive Leichtbaupritsche und gezielter Konfiguration darf der Daily fast vier Tonnen schultern, mit Anhänger können es sechs Tonnen werden. Ein wohlfeiles Angebot für Handwerker, denn der Daily gibt sich sehr handzahm im Betrieb. Schon beim Einsteigen kommt Freude auf. Hier muss der Fahrer nicht so hoch hinauf, wie es reinrassige Lkw fordern. Nur zwei kleine Stufen, schon sitzt man hinterm Lenkrad – oder im geräumigen Fond, der Doka-Daily geht auch gern mit einem Siebenmann-Team auf Montage. Allerdings muss der Chef seinem Fahrer schon den passenden Führerschein spendieren: Der große Daily verlangt nach der Fahrerlaubnis C1, mit Anhänger muss es der C1E-Führerschein sein, wenn das Gesamtzuggewicht unter 12 Tonnen bleibt. Dafür wird bei der Fahrzeugbeschaffung gespart, der Iveco Daily ist vergleichsweise günstig kalkuliert.

Eine gewisse Skepsis fährt anfangs mit. Denn unter der Haube werkt ja nur ein drei Liter großer Vierzylinder, der zwar 205 Pferdestärken, aber nur 470 Newtonmeter mobilisiert. Der von FPT (= Fiat Power-Train) entwickelte und gelieferte Vierzylinder ist freilich ein wahrer Nutzfahrzeugmotor, der auf das Fahren mit hoher Last und niedrigen Drehzahlen getrimmt wurde. Für seine Qualität spricht auch, dass er ebenfalls den Fuso Canter befeuert. Selbst der Konkurrent Daimler schätzt diesen Motor. Und hier bekommen wir es mit dem stärksten Daily-Motor zu tun, den Iveco nur mit dem Automatikgetriebe HiMatic kombiniert. Acht Gänge und blitzschnelle Schaltungen, die ZF-Automatik kennt man sonst nur von hochwertigen und leistungsstarken Limousinen. Im großen Daily muss das renommierte ZF-Getriebe zwar weniger Drehmoment verwalten, doch hier geht es um Gewicht, und das nicht zu knapp.
Leicht zweifelnd fahren wir im Kieswerk vor und lassen uns 5,6 Tonnen Schüttgut gemäß Gewichtsbilanz auf den Daily und den Humbaur-Kipper verabreichen. Punktlandung des Laderfahrers, alle Achtung: 10.260 Kilogramm zeigt die Waage. Optisch vermitteln Daily und Hänger noch einen guten Eindruck. Selbst schwer beladen gehen sie nur wenig in die Knie. Der Iveco hat unbestritten Nehmerqualitäten: Die parabelgefederte Hinterachse verträgt nominell bis zu 5.350 Kilogramm, die Vorderachse an Drehstabfedern nochmal 2.500 Kilos.

Unsere Teststrecke führt über oberbayerische Voralpenstraßen, mit Anstiegen und Bergabfahrten, mit kurvenreichen Landstraßen und langsamen Ortsdurchfahrten. Als erste Kostprobe kommt uns die erste Bergab-Strecke gerade recht. Ohne die in dieser Gewichtsklasse übliche Motorbremse haben die 16-Zoll-Scheibenbremsen einen heißen Job. Doch schon bald ziehen wir den Hut. Der kompakte Daily schlägt sich mehr als achtbar, selbst im Zugbetrieb. Zwar muss der Dreiliter-Diesel bei 10,5 Tonnen schon mächtig ackern, doch wir haben uns an keiner Stelle untermotorisiert gefühlt. Auch nicht unsicher: Der Siebentonner fährt handlich und präzise, selbst mit schwerem Hänger am Haken spurt er sauber geradeaus. Der kleine Motor verlangt nach Drehzahl, wenn er beschleunigen oder an Steigungen klettern soll. Das kann der hochmoderne Doppelnockenwellen-Diesel auch, er stemmt ab 1.500 und bis 3.000 Umdrehungen seine ganzen 470 Newtonmeter auf die Kurbelwelle. Auch das Anfahren klappt viel souveräner als gedacht, hier hilft die Achtgang-Automatik mit gekonntem Einsatz des Wandlers und der Überbrückungskupplungen nach. So gut wie jede Schaltung sitzt, schneller schaltet kein noch so perfekter Fahrer.

Überhaupt macht es der große Daily seinem Fahrer einfach, einen guten Job zu verrichten. Man sitzt gut und bequem, der italienische Klein-Lkw lässt sich überblicken und mühelos lenken, an seiner Ergonomie gibt es nichts zu meckern. Der Fahrer lenkt, gibt Gas und bremst – mehr ist nicht gefragt. Selbst längere Distanzen werden nicht zur Qual, nur bei hohen Drehzahlen lärmt der Motor – doch man braucht sie ja nicht immer. Mit artgerechten Geschwindigkeiten auf der Autobahn und auf der Landstraße nippt der Daily vergleichsweise bescheiden aus dem Tank, wir haben 16,3 l/100 km gemessen. Da verlangen handelsübliche 7,5-Tonner schon mehr, wohlgemerkt bei deutlich weniger Nutzlast.

Hut ab vor dem Daily, der in seiner schwersten Variante zu großer Form aufläuft. Er fährt flink wie ein Transporter, verrichtet aber schwere Arbeit wie ein richtiger Lkw. Mit mehr als drei Tonnen im Kreuz federt er ordentlich, leer eher weniger. Selbst mit einem richtigen Anhänger kommt er nicht in Verlegenheit, wenngleich die schweren Ategos oder Eurocargos hier vielleicht mehr Talent besitzen. Wer sich die stärkste Motorisierung leisten mag, wird zusätzlich mit einem feinen HiMatic-Automatik-Getriebe belohnt. Unsere Empfehlung: Die Kombination ist trotz hohem Mehrpreis wohlfeil, mehr Schaltkomfort und weniger Kraftstoffverbrauch wird selten geboten.

Wolfgang Tschakert / mid

Technische Daten: Iveco Daily 70C21 A8D

Länge/Breite/Höhe/Radstand in Millimeter: 6.853/2.350/2.376/3.750; Gewicht: 3.740 kg; Nutzlast: 3.260 kg; Zul. Gesamtgewicht: 7.000 kg; Zul. Anhängelast: 3.500 kg; Testgewicht: 10.260 kg

Motor: Diesel-Vierzylinder, 2 obenliegende Nockenwellen mit Kettenantrieb, 4 Ventile pro Zylinder, VGT-Turbolader mit Ladeluftkühlung, Common-Rail-Direkteinspritzung; Hubraum: 2.998 ccm; Leistung: 150 kW (205 PS) bei 3.000 – 3.500 U/min; Drehmoment: 470 Nm bei 1.500 – 3.000 U/min; Antrieb: Heck; Getriebe: Achtgang-Automatikgetriebe HiMatic (ZF 8 HP) mit Eco- und Power-Modus; Schadstoffklasse: Euro 6

Fotocredits: Wolfgang Tschakert / mid
Quelle: GLP mid

(dpa)